Frau Rau-Čulo, die Fachstelle bietet Schulungen an, im Dezember gab es ein gut besuchtes Barcamp zu diesem Thema. Was unterscheidet den Bereich der Kirchenmusik noch einmal besonders? Warum erschien Ihnen ein separater Fachtag wichtig?
Rau-Čulo: Trotz der vielen guten Angebote der Landeskirche gibt es im Bereich der Kirchenmusik spezielle Fragestellungen, die sich nicht einfach übertragen lassen – etwa Unterrichts- und Coaching-Situationen in der Ausbildung, Chorproben, Probenwochenenden, räumliche Bedingungen oder Machtasymmetrien in kirchlichen Gremien. Verantwortung und eine entsprechende Haltung entwickeln wir nur gemeinsam – durch Teamarbeit und eine Kultur der Achtsamkeit. Dazu gehört auch eine machtsensible Sprache in Proben und Gesprächen. Das ist kein abgeschlossener Prozess, sondern ein lebenslanges Lernen.
Die meisten Musiker*innen haben bereits an einer Grundschulung teilgenommen. Welchen Mehrwert bot der Fachtag dennoch? Was ist konkret passiert?
Rau-Čulo: Die Grundschulung vermittelt wichtige Basics – aber für uns Kantor*innen im Sprengel Hildesheim-Göttingen war der Fachtag ein erster Schritt zur vertieften Auseinandersetzung mit berufsgruppenspezifischen Themen. Besonders der Austausch in kleinen Gruppen und das vertrauensvolle Miteinander waren wertvoll.
Wir verstehen diesen Tag als Auftakt: Gemeinsam möchten wir einen Verhaltenskodex Kirchenmusik erarbeiten – aus der Praxis heraus, nicht von oben vorgegeben. Dazu gehören auch Handreichungen zur Risikoanalyse und die Entwicklung konkreter Schutzkonzepte.
Neben den rund 30 hauptamtlichen Kirchenmusiker*innen im Sprengel gibt es viele Ehrenamtliche – von Organist*innen bis Chorsänger*innen. Wie können auch sie einbezogen und sensibilisiert werden?
Rau-Čulo: Als Multiplikatorin ist es mir wichtig, Wissen weiterzugeben – ohne Angst zu machen. Ich höre zu, gehe ins Gespräch und erarbeite gemeinsam mit Ehren- und Nebenamtlichen eine verantwortungsvolle Haltung. Wir arbeiten mit konkreten Fallbeispielen aus dem kirchenmusikalischen Alltag. Das Thema ist mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden – das erlebe ich überall. Aber es hilft, wenn man merkt: Ich bin damit nicht allein. Austausch und Solidarität sind entscheidend. Mein Motto: Hinschauen – Helfen – Handeln.
Interview: Gunnar Müller, Öffentlichkeitsbeauftragter, Sprengel Hildesheim-Göttingen