Kurz nach Mitternacht riecht es in der Clausthaler Innenstadt plötzlich nach Rauch. Vor der dunklen Silhouette der Marktkirche zum Heiligen Geist tanzen Flammen an der hölzernen Ostfassade. Wenige Minuten später rasen Feuerwehrfahrzeuge über den Marktplatz. Küster Daniel Pätzolt, geweckt vom Alarm, rennt den Einsatzkräften entgegen und öffnet die schwere Kirchentür. Dichter Qualm dringt ins Innere, wo direkt hinter der brennenden Wand die 2022 eingeweihte Orgel steht – doch das schnelle Eingreifen verhindert Schlimmeres.
Flammen an der größten
Holzkirche Deutschlands
In der Nacht zum 20. Juli ist an der historischen Marktkirche zum Heiligen Geist in Clausthal ein Brand ausgebrochen. Gegen 0.40 Uhr löste die Brandmeldeanlage aus, wenig später stand die Ostfassade des größten Holzkirchenbaus Deutschlands in Flammen. Mehr als 100 Feuerwehrleute aus mehreren Orten rückten an. Küster Daniel Pätzolt, zugleich Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, öffnete den Einsatzkräften rasch die Tür. So gelang es, den Brand auf einen kleineren Bereich zu begrenzen und die 2022 eingeweihte Goll-Orgel vor Schäden zu bewahren. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung.
Gottesdienst trotz
Schock der Nacht
Trotz der Ereignisse feierte die Gemeinde am Sonntagmorgen ihren Gottesdienst – verlegt ins Gemeindehaus. Die Vorsitzende des Kirchenvorstands, Dorothea Römpage, sprach von „Glück im Unglück“ und dankte den Einsatzkräften. Bei einer ersten Begehung zeigten sich Pastorin Mirja Rohr und Kantor Arno Janssen erleichtert über den geringen Feuchtigkeits- und Rußbefall. Der Geruch verbrannten Holzes sei jedoch deutlich wahrnehmbar. Sachverständige der Landeskirche und weitere Gutachter sollen den Schaden genau beziffern.
Landesbischof
würdigt Einsatz
und Umsicht
Landesbischof Ralf Meister reiste wenige Tage später nach Clausthal, um der Feuerwehr persönlich zu danken. „Wenn eine Kirche brennt, brennt auch die Seele eines Ortes“, sagte er und lobte das umsichtige Handeln der Einsatzkräfte. „Sie haben die Kirche gerettet“, betonte er und verwies auf das Zusammenspiel zweier Küster: Daniel Pätzolt, Küster der Marktkirche und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, sowie Sven Küster, Ortsbrandmeister. Meister würdigte auch den sorgfältigen Umgang der Feuerwehrleute mit dem Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Ortsbrandmeister Sven Küster wies darauf hin, dass ein solches Ereignis in der aktiven Zeit eines Feuerwehrmitglieds „nur einmal“ vorkomme – und dass jede Minute in jener Nacht entscheidend gewesen sei.
Gutachten bestätigt vorsätzliche Brandstiftung
Eine zunächst erfolgte Festnahme blieb ohne Haftbefehl. Inzwischen hat die Polizei nach eigenen Angaben einen Tatverdächtigen ermittelt. Ein unabhängiges Gutachten bestätigte, dass der Brand durch eine externe Zündquelle verursacht und somit absichtlich gelegt wurde. Details zum Verdächtigen werden aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht veröffentlicht. Wann die Marktkirche wieder genutzt werden kann, hängt vom Ergebnis der noch laufenden Untersuchungen und von den anstehenden Entscheidungen über Sanierungsmaßnahmen ab.
Fotos und Pressemitteilungen des KK Harzer Land, Christian Dolle