Stellungnahme zur Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche
Am 25. Januar wurde die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche (ForuM) veröffentlicht.
Die Veröffentlichung hat in vielen Kirchenkreisen und -gemeinden große Wellen geschlagen. Obwohl die EKD die Studie selbst in Auftrag gegeben hat, hätte es von Anfang an präzisere Zielvorgaben für die Studie geben müssen.
Angesichts der immensen Dimensionen, die die Aufarbeitung der Akten seit 1945 erfordert hat, musste sich die hannoversche Landeskirche zunächst auf die Auswertung der Disziplinarakten konzentrieren.
Gleichwohl bildet diese unabhängige wissenschaftliche Studie eine neue Grundlage für die Aufarbeitung im Bereich sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche. Diese Studie nehmen wir sehr ernst.
Wir werden die Studie genauestens analysieren, um zielführende Aufarbeitung auch im Sprengel Hildesheim-Göttingen aktiv voranzubringen. Was jetzt schon deutlich geworden ist: Wir müssen erkennen, dass sexualisierte Gewalt auch in der evangelischen Kirche in vielen Fällen strukturell einen Raum gefunden und Betroffenen nachhaltig großes Unrecht zugefügt hat. Das widerspricht zutiefst unserem Bild von Kirche als sicherem Raum. Diese Erkenntnis ist außerordentlich schmerzhaft. Wir müssen uns ihr stellen.
Konsequente Aufklärung ist das Gebot der Stunde. Die Fälle, die in den Kirchenkreisen unserer Landeskirche aufgetreten sind und sich in den Disziplinarakten niedergeschlagen haben, werden derzeit überprüft, ob sie auch im Sinne der Betroffenen aufgearbeitet worden sind. Außerdem enthält die Studie wichtige Hinweise, welche Bedingungsfaktoren sexualisierte Gewalt vor Ort ermöglichen.
Eine zentrale Rolle bei der Auswertung der Studie wird auch das „Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt“ der EKD spielen, in dem Betroffenenvertreter*innen und kirchliche Beauftragte zusammenarbeiten. Seit mehr als zehn Jahren sind wir zwar als Kirche entschlossen im Einsatz gegen sexualisierte Gewalt. Trotzdem steht, das macht die Studie deutlich, die aktive Aufarbeitung in vielen Fällen noch aus. Zudem müssen wir mit einer hohen Dunkelziffer rechnen.
Die Studie empfiehlt Landeskirchen übergreifende, verlässliche Strukturen der Aufarbeitung und einheitliche Entschädigungszahlungen. Gleichzeitig müssen wir vor Ort sehr wachsam sein, Signale aufnehmen, Betroffenen zuhören, umgehend reagieren und aktiv Prävention, Intervention und Aufarbeitung voranbringen.
Wir unterstützen betroffene Personen und erkennen das Unrecht an, dass sie in der Kirche erfahren haben. Es ist schlimm und macht uns sehr betroffen, dass Menschen solches Leid in der Kirche erfahren haben. Viel zu oft wurde weggeschaut. Die Betroffenen wurden dadurch im Stich gelassen.
Derzeit klären die Landeskirchen auf EKD-Ebene, wie die wissenschaftliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle fortgeführt wird. Die hannoversche Landeskirche ist wie andere Landeskirchen selbstverständlich bereit, weitere Aktenbestände zu erfassen, die der Forschungsverbund zur Ermittlung von verlässlichen Gesamtzahlen angemahnt hatte.
Wichtige präventive Bausteine sind Schutzkonzepte und Interventionspläne in unseren Gemeinden und Einrichtungen sowie der gesamten Landeskirche.
Betroffene können sich an folgende Ansprechpartnerinnen und – partner wenden:
Fachstelle der Landeskirche:
Dörte Keske, komm. Leiterin der Fachstelle: 0511-1241-650
Mareike Dee, Prävention und Aufarbeitung: 0511 1241-726
Ulrich Krause-Röhrs, Prävention: 0173 – 250 22 31
https://praevention.landeskirche-hannovers.de/
Diakonisches Werk Niedersachsen:
Jochen Roth: 0511 360 4 244
Friederike Busse: 0511/ 360 4 262
Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder
(aktualisiert am 9.02.24) Sprengel Hildesheim-Göttingen/gmu