Beheizbares Chorgestühl in Amelungsborn

Nachricht Amelungsborn, 16. September 2020

Beheizbares Chorgestühl in Klosterkirche Amelungsborn Modernisierung senkt Heizkosten um ein Vielfaches

Ökologisch und ökonomisch: In der Klosterkirche Amelungsborn hat Abt Eckhard Gorka der Öffentlichkeit das vermutlich weltweit erste elektrisch beheizbare barocke Chorgestühl vorgestellt. 

„Wir können jetzt im ganzen Jahr hier Gottesdienst feiern, singen, beten, schweigen“, freute sich Gorka. Bislang sei die Kirche von Erntedank bis Ostern außer an Weihnachten kaum benutzbar gewesen. „Im Winter war es schlicht immer zu kalt in der Kirche.“ Pro Gottesdienst seien bislang bis zu 500 Euro Heizkosten angefallen. Durch die ausgeklügelte Technik koste ein Gottesdienst im 38 Sitze bietenden Gestühl jedoch künftig nur noch rund 50 Cent. Durch eine Kontaktlösung würden auch nur jeweils die benutzten Sitze beheizt.

 

Das barocke Chorgestühl stammt ursprünglich aus der kleinen Hildesheimer Michaeliskirche und wurde dort 2005 vor den Renovierungsmaßnahmen im Unesco-Weltkulturerbe ausgebaut. Einige Jahre verblieb es so in einer Remise. Die hannoversche Landeskirche schlug schließlich vor, dass bereits geschädigte Gestühl aufzuarbeiten und in der Klosterkirche Amelungsborn aufzustellen. Dabei sei das figürlich reich gestaltete Gestühl vorsichtig erweitert worden – zugleich sollte jedoch sichtbar bleiben, was neu dazugekommen sei, sagte Abt Gorka.

 

Diplom-Ingenieur Jürgen Götz, der die Arbeiten in Amelungsborn betreute, stellte die technischen Neuerungen vor: In den Gesangbuchbänken wurden versenkbare Lampen eingebaut, die Lautsprecheranlage im Bereich des Chorgestühles modernisiert. Außerdem haben die Konstrukteure und Handwerker mit abnehmbaren Rampen aus Aluminium das Gestühl auch für Menschen mit Behinderung zugänglich gemacht. 

 

Erste Überlegungen habe es bereits 2017 gegeben, sagte Götz. Im vergangenen November dann sei sein Büro beauftragt worden – doch dann kam Corona. „Ursprünglich war es geplant, zu Ostern den fertigen Chor mit Gestühl zu übergeben.“ So aber stand das barocke Gestühl in der im 12. Jahrhundert romanisch errichteten Klosterkirche, die Mitte des 14. Jahrhunderts gotisch erweitert wurde, erst Ende Mai. Rund 20 Handwerker unterschiedlicher Firmen waren monatelang mit den Ein- und Umbauten, der Elektronik sowie der Lichtgestaltung beschäftigt.

 

„Die eigentliche Hürde lag im Metier selbst. Es waren viele Abstimmungen in denkmalpflegerischer und funktionaler Hinsicht notwendig,“ führte Götz weiter aus. Die Kniebänke mit Buchablagerung sollten transparent und modern gestaltet sein. Türen in den Stirnseiten der barocken Bänke seien notwendig gewesen, weil sie ursprünglich wohl gegeben waren. „Es musste eine optisch gute Lösung zum Kirchraum geschaffen werden. Dies ist mit den eingefügten Türen sehr gut gelungen.“

Zudem böten sie funktionalen Stauraum, in dem sich etwa Gesangbücher verstauen ließen.

 

Die im neuen Amelungsborner Chorgestühl verwendete technische Lösung sei dabei übertragbar. „Diese Art der beheizbaren Chorgestühle ist in jeder Kirche möglich, wenn es sich um Bänke und nicht um einzelne Stühle handelt.“ 

Bei Einzelstühlen hingegen stelle die variable Stromzuführung eine große Schwierigkeit dar, da es dabei immer wieder zu Havarien kommen könne, so Götz.

 

Landeskirche, Kloster und Kirchengemeinde haben gemeinsam die Kosten von insgesamt rund 140.000 Euro übernommen, sagte Gorka. „Das Gestühl ist nicht heilig und nur dem Konvent vorbehalten – auch die Kirchengemeinde soll selbstverständlich ihre Gottesdienste dort feiern.“ Ingebrauchnahme in lutherischer Sicht finde schließlich dadurch statt, dass das Gestühl nun auch benutzt werde.

Gorka dankte den Handwerkern, Konstrukteuren, der Denkmalpflege und der Landeskirche für die Arbeit: „Ohne Sie wäre all das nicht möglich geworden. Durch Ihrer Hände Werk ermöglichen sie Menschen Gotteserfahrungen zu machen.“

 

Zum Kloster Amelungsborn:

 

Das Kloster Amelungsborn ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster und wurde 1135 aus dem niederheinischen Kloster Altenkamp heraus gegründet. 

Die romanisch errichtete Klosterkirche wurde Mitte des 14. Jahrhunderts gotisch erweitert. Im Jahr 1568 wurde im Kloster die Reformation eingeführt. Amelungsborn gehört der Gemeinschaft Evangelischer ‚Zisterzienser-Erben in Deutschland an. Der Konvent, die stimmberechtigten Mitglieder des Klosters, besteht aus acht Konventualen. Abt ist seit 2002 Eckhard Gorka, der Regionalbischof des Sprengels Hildesheim-Göttingen.

 

Die Zisterzienser sind im 11. Jahrhundert als katholischer Reformorden aus dem Benediktinerorden hervorgegangen. Namensgebend war das Mutterkloster im französischen Cîteaux. Von diesem aus bildeten die Zisterzienser weitere Töchterklöster und machten vor allem im Mittelalter viele Gegenden erst urbar.

Sprengel Hildesheim-Göttingen/gmu

Kloster Amelungsborn